Johann Christoph Friedrich von Schiller



                   Der Pilgrim


                   Noch in meines Lebens Lenze
                   War ich, und ich wandert' aus,
                   Und der Jugend frohe Tänze
                   Ließ ich in des Vaters Haus.

                   All mein Erbtheil, meine Habe
                   Warf ich fröhlich glaubend hin,
                   Und am leichten Pilgerstabe
                   Zog ich fort mit Kindersinn.

                   Denn mich trieb ein mächtig Hoffen
                   Und ein dunkles Glaubenswort,
                   Wandle, rief's, der Weg ist offen,
                   Immer nach dem Aufgang fort.

                   Bis zu einer goldnen Pforten
                   Du gelangst, da gehst du ein,
                   Denn das Irdische wird dorten
                   Himmlisch, unvergänglich sein.

                   Abend ward's und wurde Morgen,
                   Nimmer, nimmer stand ich still;
                   Aber immer blieb's verborgen,
                   Was ich suche, was ich will.

                   Berge lagen mir im Wege,
                   Ströme hemmten meinen Fuß,
                   Über Schlünde baut' ich Stege,
                   Brücken durch den wilden Fluß.

                   Und zu eines Stroms Gestaden
                   Kam ich, der nach Morgen floß;
                   Froh vertrauen seinem Faden,
                   Werf' ich mich in seinen Schooß.

                   Hin zu einem großen Meere
                   Trieb mich seiner Wellen Spiel;
                   Vor mir liegt's in weiter Leere,
                   Näher bin ich nicht dem Ziel.

                   Ach, kein Steg will dahin führen,
                   Ach, der Himmel über mir
                   Will die Erde nicht berühren,
                   Und das Dort ist niemals hier!


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